Statement zum Künstler Allan Why und seinem Song „Veronika“

Das lunatic 2021 liegt nun schon einige Wochen zurück und wir sind immer noch überglücklich, dass wir das Festival mit der Unterstützung von Besucher:innen, Künstler:innen, Helfer:innen und vielen weiteren Personen tatsächlich durchführen konnten. Geschmälert wurde unsere Freude über die erfolgreiche Durchführung leider durch verschiedene Rückmeldungen von mehreren Besucher:innen zu dem Auftritt des Künstlers Allan Why. Konkret geht es hierbei um den Text des Songs „Veronika“. Bereits während des Festivals und auch im Anschluss nahmen einige Besucher:innen Kontakt zu uns auf, um uns auf die Problematik des Songtextes aufmerksam zu machen. Zur Erläuterung: Der Text des Liedes ist sowohl in den Augen der genannten Besucher:innen als auch unserer Meinung nach äußerst sexistisch und diskriminierend gegenüber mehrgewichtigen Menschen. Wir haben uns an dieser Stelle bewusst dazu entschieden, den Text nicht wiederzugeben.

Zuallererst wollen wir uns bei allen Personen, die sich durch den Auftritt verletzt und/oder angegriffen gefühlt haben entschuldigen! Wir bedanken uns bei allen, die sich diesbezüglich an uns gewendet haben, um ihre Meinung und Erfahrung hierzu mit uns zu teilen. Das Lied widerspricht den Werten, denen wir uns als Festival verpflichtet sehen und wir distanzieren uns von dem Inhalt. Wir sind uns darüber bewusst, dass wir als Veranstalter:innen für die Inhalte verantwortlich sind, die auf unseren Bühnen präsentiert werden und möchten uns hiermit dafür entschuldigen, dass wir solch diskriminierenden Texten eine Bühne geboten haben!

Im Folgenden möchten wir transparent darlegen wie es dazu kam, dass der Künstler überhaupt auf unserem Festival aufgetreten ist: Das lunatic Festival bietet seit jeher auch die Möglichkeit, aufstrebende, regionale und ambitionierte Künstler:innen zu unterstützen und ihnen durch einen Slot auf dem Festival Bühnenerfahrung vor einem großen Publikum zu verschaffen. Allan Why, welcher sich als Newcomer für einen Auftritt auf dem Festival beworben hat, wurde insbesondere aus dem Grund gebucht, um die junge Lüneburger Musikszene auf dem lunatic abzubilden und zu unterstützen. Zum Zeitpunkt des Bookings gab es für unser Bookingteam sehr wenig veröffentlichtes Material und Songs, um sich einen umfassenden Eindruck über das Gesamtwerk des Künstlers zu verschaffen. Damit wurde versäumt, mögliche diskriminierende Inhalte im Voraus zu erkennen, weshalb auch wir überrascht und enttäuscht von der Performance waren. Trotzdem übernehmen wir die volle Verantwortung für das Programm auf unseren Bühnen und bitten um Entschuldigung für das hier stattgefundene Versäumnis!

Wir sind uns bewusst, dass diese Thematik häufig mit einer Diskussion über die Kunstfreiheit einhergeht. In keinster Weise wollen wir diese einschränken oder anderweitig angreifen. Kunst sollte stets in seinem Kontext betrachtet werden und so müssen auch Songtexte aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und vor dem Hintergrund ihrer Entstehung und Intention bewertet werden. Dabei muss Kunst nicht immer gefallen und sie muss auch nicht immer mit der eigenen Meinung übereinstimmen. Jedoch darf sie sich auch nicht unter dem Deckmantel der Kunstfreiheit verkriechen und sich jeglicher Kritik entziehen. Nur weil alles gesagt werden darf, heißt dies nicht, dass auch alles gesagt werden sollte. Wir sehen hier insbesondere kulturelle Akteure wie Labels, Bookingagenturen und eben auch Veranstalter:innen in der gesellschaftlichen Pflicht, Verantwortung für ihre Plattformen zu übernehmen, um einen strukturellen Wandel voranzutreiben.

Wir hoffen mit diesem Statement unsere Reflexion offen darlegen zu können und auch andere Personen zur Reflexion anzuregen, um einen bewussteren Umgang miteinander auf Kultur- und Musikveranstaltungen bewirken zu können.